Ein Anruf am Vormittag. Der Herr möchte einen Arbeitstermin vereinbaren. Ich solle seine Trauerrede mit ihm gemeinsam schreiben und eines Tages auch halten. Die Trauerfeier sei doch schließlich seine persönlichste Feier, begründet der Senior seinen Wunsch. Und: Ich solle bald kommen, es eile.
Eine Woche später bin ich da. Er liegt auf dem Sofa, die Ehefrau und ich sitzen am Couchtisch. Ein Gespräch zu dritt entsteht. Die Krankheit kam ganz plötzlich, die Prognose sei schlecht. Ob nur noch Tage, oder vielleicht doch noch ein paar Wochen oder Monate bleiben, ist völlig ungewiss. Trotzdem oder gerade deswegen eine friedliche Atmosphäre und ruhiges Vertrauen in das Leben und das Sterben. Die Eheleute sprechen von den ausgesuchten Musikstücken und für die Trauerrede ausgewählten lyrischen Texten. Der alte Herr ist voller Dank für ein gutes Leben, spricht mit Wärme von der Liebe, die ihn mit seiner Ehefrau verbindet und schaut freudvoll auf Vergangenes. Manche Worte für die Trauerrede hat er bereits druckreif vorformuliert, andere müssen noch gefunden werden. Am Ende der Rede sollen die Trauernden aufgemuntert werden: „Und nun prostet einander auf das Leben zu!“
Tief bewegt von diesem vorgezogenen Trauergespräch schreibe ich die Trauerrede, schicke sie dem alten Herrn zur Durchsicht zu. Er ist mit allem einverstanden. Wenige Tage später stirbt er – und ich halte die vorbereitete Trauerrede. Seitdem weiß ich: Eine selbst verfasste Trauerrede ist geradezu unerträglich herzerwärmend!